Adolf Tscherner

Politik und Wirtschaft - Ökonomie

Inhalt

  1. Was bedeutet matriarchale Wirtschaft?
  2. Bringt der Wechsel der Wirtschaftsform Vorteile?
  3. Firmengründungen in der matriarchalen Ökonomie
  4. Übergang vom Kapitalismus zur matriarchalen Ökonomie

  1. Was bedeutet matriarchale Wirtschaft?
  2. Ich: "Kapitalismus ist durch Privatkapital geprägt. Die Alternative ist, daß das Kapital der Allgemeinheit gehört." - "Das bedeutet, daß das Matriarchat zum Kommunismus tendiert," ließ sich Annegret vernehmen. "Nein," entgegnete ich, "Kommunismus verlangt die Planwirtschaft. Die wird vom Matriarchat abgelehnt."

    "Und wie soll das zusammenpassen," wollte Anne wissen, "kein Privatkapital, aber auch keine Planwirtschaft?" - "Indem man den Unternehmen wirkliche Kredite für ihre Geschäfte einräumt. Also Kredite auf ein zu erwartendes Geschäft. Die Unternehmen handeln dann ganz souverän. Allerdings sind deren Vorstände den gleichen Kontrollen durch die Arbeitnehmer unterworfen, wie Vorstände heute Aktionären und Aufsichtsrat."

    Anne setzte die Tasse ab, ehe sie eine weitere Frage stellte: "Dann möchte ich aber eins wissen:

    zum Seitenanfang


  3. Bringt der Wechsel der Wirtschaftsform Vorteile?
  4. Ich meine, was nutzt es uns, wenn die Wirtschaft gerecht, sozial und gesell-schaftspolitisch akzeptabel ist, letztlich aber nicht funktio-niert, weil sie die wirtschaftlichen Mechanismen nicht in den Griff bekommt."

    Ich stimmte ihr zu: "Das ist auch meine Sorge. Deshalb würde ich gern mit euch die verschiedenen Risiken betrachten, die sich aus einer Unterneh-mung ergeben. Ich unterscheide dabei den Kapita-lismus und die von mir propagierte Frauenwirtschaft. Das Risiko der Unternehmen, das auf die Allgemeinheit abgewälzt wird, ist dabei der Gradmesser des gesellschaftlichen Erfolgs. Kann das Matriarchat dieses gegenüber dem Kapitalismus verkleinern, ist der Kapitalismus widerlegt."

    Undine meinte: "Für mich ist das Engagement des Unternehmers noch immer das eigentliche Risiko, welches den Erfolg einer Unternehmung, und damit den der Allgemeinheit bedroht. Trifft der Unternehmer aus Unkenntnis oder Nachlässigkeit eine Fehl-ent-scheidung, dann ist das ganze schöne Unternehmen bald pleite. Das ist dann auch für die Allgemeinheit schlecht."

    Ich gab ihr zu bedenken: "Meiner Meinung nach werden die Unternehmen heutzutage hauptsächlich von Managern bzw. Vorständen geleitet, die als Angestellte fungieren. Hat ein Manager erst einmal die Vorstandsetage erreicht, ist das Unternehmen auf Gedeih und Verderb seinen Entscheidungen ausgeliefert.

    Das bleibt auch so bei der Umstellung auf eine neue Wirtschaftsordnung. Das Risiko von Mißmanagement wird beim Übergang vom Kapitalismus zum Matriarchat aber gemindert. Es ist der Übergang von Entscheidungen des Kapitals zu der der Belegschaft. Da die Belegschaft auf das Gedeihen des Unternehmens angewiesen ist, werden Manager mit mangelnder Kompetenz oder zu geringem Einsatz schnell erkannt und zur Rechenschaft gezogen."

    "Was ist," wollte Undine wissen, "wenn ein Umsatzeinbruch erfolgt? Das kann ganz außerhalb der Einwirkungsmöglichkeit der Firmenleitung liegen. Wenn das erzeugte Produkt nicht in erwarteter Menge abgesetzt werden kann, geht das eingesetzte Kapital zu Teilen oder in Gänze verloren."

    Ich entgegnete ihr: "Ist der Umsatzeinbruch durch Konjunkturschwäche zustande gekommen, kann diesem durch das Matriarchat weit besser begegnet werden als durch den Kapitalismus. Denn schließlich ist eine Konjunkturflauten durch die enorme Mißverteilung der Einkünfte der Menschen hervorgerufen. Die wird es aber nach Beendigung des Kapitalismus nicht mehr geben."

    "Was ist mit dem Risiko, daß nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter für die Aufgaben der Unternehmens zur Verfügung stehen?, fragte Undine. Ich antwortete: „Dies ist ein Problem, welches unabhängig vom Wirtschaftssystem besteht. Jeder verläßt sich auf den anderen. Keiner will sich über Gebühr engagieren oder auch nur mehr tun als irgend erforderlich. Der zunehmende technische Fortschritt läßt dieses Risiko geringer werden, aber nicht verschwinden."

    Annegret wollte wissen: "Was ist mit dem Risiko, daß der Kredit, der dem Unternehmen gewährt wurde, bei Fälligkeit nicht mehr verlängert wird. Dies kann der Fall sein, wenn der Geschäftserfolg hinter den Erwartungen hinterherhinkt. Oder man will die Unternehmung ohne Grund kaputtmachen."

    Ich sagte: "Das kann im Kapitalismus, nicht aber im Matriarchat geschehen. Denn der Kredit ist an die Mitarbeiter gekoppelt und nicht an den Erfolg eines Unternehmens. Er kann nicht zurückgefordert werden."

    Dann zog ich das Fazit unserer bisherigen Überlegungen: "Wie ersichtlich bringt der Wechsel ins Matriarchat nicht nur keine Nachteile, er bringt sogar wesentliche Vorteile mit sich.

    Die konjunkturellen Schwankungen des Kapitalismus, die auf der ungehinderten privaten Entscheidungsfreiheit von Kapitaleinsatz beruhen, gehören dann der Vergangenheit an. Die lange Praxis der Ausbeutung und Übervorteilung der Massen durch Kapitalpiraterie hat ein Ende. Durch die damit gegebene soziale Gerechtigkeit verschwinden die bisherigen Konflikte zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten."

    Annegret hatte eine weitere Frage: "wie geschehen

    zum Seitenanfang


  5. Firmengründungen in der matriarchalen Ökonomie
  6. Um eine Firma zu gründen und aufrechtzuerhalten benötigt man Kapital. Wie kommt eine Unternehmung im Matriarchat zum benötigten Kapital?"

    Undine meinte: "Wird im Matriarchat der Kapitalismus abge-schafft, so muß das Kapital, welches für die Gründung eines Unternehmens benötigt wird, aus einer anderen Quelle bezogen werden, denn das Kapital ist an das Volksganze zurückgegeben."

    Ich: "Von dort aus findet es dann seinen Weg in die Unternehmen. Das ist auch richtig so. Denn auch bisher beruhte die Wirkung des Kapitals auf der Fähigkeit, Arbeit für die Produktion verfügbar zu machen. Ist Kapital investiert, dann läßt sich das deuten als eine bestimmte Menge an Arbeitern, die mit Hilfe der Produktions-mittel das eingesetzte Kapital zurückgewinnen, wobei sich noch eine Vermehrung des Kapitals ergibt.

    Arbeit und Kapital gehören also zwangsweise zusammen, soll Produkt mit Hilfe des einen oder anderen erstellt werden. Bestimmte bisher das Kapital die Investition, die getätigt werden konnte, übernimmt nun die Arbeit diese Funktion."

    Undine fragte mich: "Wodurch wird die Höhe des Kredits, welcher gewährt wird, begrenzt. Der kann doch nicht in beliebiger Höhe vergeben werden."

    Ich: "Ein Unternehmen, welches investieren will, kann maximal das an Kapital von der Bank beziehen, was von den Mitarbeitern als geschätzter Betriebserfolg beigesteuert wird. Darüber hinaus können Kredite gezogen werden, die für wertbeständige Investitionen benutzt werden sollen. Diese werden dann nach Investition an die Bank verpfändet.

    Basiert eine Investition auf dem Investitionskontingent eines Arbeitnehmers, so ist er im Verein mit den anderen Arbeit-nehmern berechtigt, die ordnungsgemäße Verwendung dieses Kapitals zu kontrollieren."

    "Das hört sich alles recht vielversprechend an. Hoffentlich läuft alles so, wie du dir das erträumst, wenn es zu einer Verwirklichung kommen sollte," meine Annegret. Und Undine fügte hinzu: "Ja, die Verwirklichung deiner Ideen, damit habe ich noch so meine Schwierigkeiten. Ich glaube: der Weg ist niemals das Ziel, doch ohne gangbaren Weg zur Überwindung des Kapitalismus ist die Schaffung einer matriarchalen Ökonomie unmöglich gemacht. Es bleibt als Problem der

    zum Seitenanfang


  7. Übergang vom Kapitalismus zur matriarchalen Ökonomie
  8. Ich: „Der Kapitalismus sollte ohne unnötige Härten in die matriarchale Ökonomie überführt wird. Nur durch ein Minimum an Zwang sollte dieser in der Geschichte der Menschheit einzigartige Wechsel der Systeme stattfinden. Auf jeden Fall sollte der Besitz der Masse so weit wie möglich geschont werden.

    Da das Kapital der Superreichen fast ausnahmslos durch Einsatz von Kapital und nicht durch Arbeit erworben wurde, muß zunächst einmal genau geklärt werden, wie die einzelnen Konzerne ihr Kapital erwarben, und welche Anteile davon wem gehören. Dazu bedenken wir, daß alles, was das hergestellte Produkt betrifft, vom Konsumenten bezahlt wird. Der Käufer zahlt die Arbeit, die Rohstoffe, die Nebenkosten, Steuern, Kreditzinsen und natürlich den Unternehmergewinn.“

    Undine: „Das ist ganz natürlich. Wer sollte schließlich die Investitionen aufbringen, wenn nicht die Käufer. Ein anderer hat kein Interesse an der Produktion.“ Ich: „Ja, aber es ist wichtig, wo investiert wird. Im Land der Käufer, oder derjenigen, die die Unternehmung finanzieren können." Undine: "Ich verstehe. Man setzt das Kapital dort ein, wo es bereits vorhanden ist. Dort vermehrt es sich dann auch."

    Ich: „Durch das Geld der Konsumenten entsteht eine riesige Industrie in den produzierenden Ländern und zwar nur deshalb, weil die Macht des Kapitals die Investition in diesen Ländern erzwang. Wäre es nach dem Willen der Konsumenten in den Entwicklungsländern gegangen, wäre der dort konsumierte Anteil der Produkte auch dort hergestellt worden. Das hätte entsprechende Investitionen dort hervorgerufen."

    Annegret: „Und diese Fehlplazierung willst du korrigieren.“

    Ich: „An Hand der Außenhandelsbeziehungen läßt sich feststellen, welche Anteile nationaler Produktion im Inland, und welche in den übrigen Ländern Erdas abgesetzt wurden. Das läßt sich für Sparten, ja sogar für einzelne Unternehmen bestimmen. Der Anteil des im Inland verkauften Produkts am Gesamtverkauf ist auch gleich dem Anteil des angesammelten Kapitals, der dem produzierenden Unternehmen gehört und damit dem Staat zugeordnet werden muß, in dem das Unternehmen liegt.

    Daß sich das Kapital erst einmal in den Industrienationen ballen mußte, ist akzeptabel. Denn ohne eine größere Kapitalkonzentration läßt sich technischer Fortschritt nicht erreichen. In der bisherigen Situation des Gegeneinander war dies die einzige Möglichkeit, den notwendigen technologischen Sprung für die Menschheit zu vollbringen."

    Annegret: „Und jetzt sollen die Güter Erdas gerecht verteilt werden. Du willst das kapitalistische Rad also zurückdrehen, hab ich Recht?"

    Ich: „Die Situation ist geändert. Die Menschheit muß auf Gedeih und Verderb zusammenstehen, soll sie sich nicht endgültig aus der Liste existierender Arten Erdas streichen. Das ist jetzt keine Frage von Ideologien und Weltanschauungen, sondern ein Akt des Überlebens. Das bedeutet, es ist notwendig, geprelltes Eigentum den eigentlichen Besitzern zurückzugeben.

    Sind dann unter den Völkern die Besitztümer legalisiert, kommt es zur Regularisierung des Besitzes im Volk selbst. Der Kapitalseigner hat heute überhaupt keine andere Funktion mehr als die, Kapital für eine Unternehmung bereitzustellen. Es ist eine Art Roulette: der Kapitaleinsatz birgt Risiken, schafft aber auch die Voraussetzung dafür, mühelos Gewinne einstreichen zu können. Mit solchen dubiosen Praktiken muß endlich Schluß gemacht werden.“

    Undine: „Es bleibt die Frage, wie die Enteignungsprozedur vonstatten gehen soll. Also, wen es trifft, und wen es stark trifft." Ich: "Wichtig vor allem ist die Schonung der kleinen Vermögen. Besitz bis zu einer Grenze wird nicht angegriffen, mittlere Vermögen durch langsam zunehmende Maßnahmen. Es gibt aber eine Höchstgrenze, ab der alles Kapital weggesteuert wird."

    Annegret: „Und was geschieht mit großen Häusern? Werden die allesamt enteignet?"

    Ich: „Ist die Villa, wie bei der Familie Warenburg, von den Eigentümern bewohnt, dann bleibt die Immobilie weiterhin in Familienbesitz. Auch ein Multimillionär behält einen gewissen Teil seines bisherigen Eigentums. Das bisherige Nutzungsrecht wird bei einer teilweisen Enteignung ohnehin nicht angetastet. Auf keinen Fall würde eine Zwangsveräußerung eingeleitet. Das brächte einen Verfall der Immobilienpreise und damit eine zu große Irritation der Wirtschaft mit sich.

    Besser ist es, zunächst allen größeren Besitz zu verbriefen, und nun den bei der Regularisierung abzutretenden Anteil als einen Zwangseintrag in der Besitzurkunde zu vermerken. Fällig wird dieser Anteil dann bei Veräußerung des Besitzes."

    Undine: „Das funktioniert allerdings nur, wenn die Unternehmen nicht wechselseitig Aktien voneinander besitzen können. Wie willst du denn dieses Problem lösen?"

    Ich: "Durch eine Linearisierung der Unternehmensabhängigkeiten. Das wird auf rein steuertechnischem Weg erreicht. Aktien, die nicht natürlichen Personen mittelbar oder unmittelbar gehören, werden mit einem so hohen Vermögenssteuersatz belegt, daß sie nach wenigen Jahren ganz in den Besitz der Allgemeinheit gelangen. Dann löst sich das Problem ganz von alleine. Feindliche Übernahmen und Auslagerungen von Unternehmen ins Ausland, die die arbeitende Bevölkerung um ihren Ertrag bringen, sind damit verhindert."

    Annegret: "Nicht aber ein weiteres Übel der jetzigen Wirtschaftsordnung: bestimmte Gruppen, Rassen, Religionen, Etnien innerhalb eines Staates oder einer Gemeinschaft verschaffen sich einzig durch ihren Gruppenzusammenhalt einen unzulässigen Besitz. Durch den dadurch erreichten Gewinn an Macht verstärkt sich der Effekt noch. Sag, liebe Laura, was willst du gegen dies Übel, das das größte heutige Übel überhaupt ist, unternehmen?"

    Ich: "Innerhalb eines Staates oder einer Gemeinschaft werden keine Besitzverzerrungen bezüglich Rassen, Religionen, Etnien geduldet. Ist eine Gruppe mit besonderem Zusammenhalt durchschnittlich mit höherem Kapital ausgestattet als die Gesamtheit, wird dieser Mißstand durch eine Sonderregulierung beseitigt.“

    Annegret meinte, mein Konzept könne sich sehen lassen. Ob es allerdings zu realisieren sei - das könne sie beim besten Willen nicht sagen.

    Ich lächelte sie an und sagte: "Zuletzt noch folgendes: Das Matriarchat sagt der Globalisierung den Kampf an. Das bedeutet: International können immer nur Staaten Geschäftspartner sein. Jeder Handel mit dem Ausland, jede Firmengründung in anderen Gemeinschaften, ist immer Teil eines Staatsengagements. Selbstverständlich können Firmen weiterhin Geschäfte im Ausland tätigen, sind dabei aber der Kontrolle und prinzipiellen Genehmigung der beteiligten Staaten unterworfen.

    Diese Genehmigungen können nicht willkürlich von den Staaten erteilt werden. Da in der Vergangenheit die reichen Nationen die armen unziemlich benachteiligten, ist ein solcher Handelsvertrag internationalen Normen unterworfen. Dabei enthält dann jeder Handelsvertrag einen Lieferungs- und einen Abnahmeteil. Die dort eingegangenen Verpflichtungen können wie Aktien gehandelt werden.

    Wichtig ist, daß ein Gleichgewicht zwischen Lieferung und Abnahme von Gütern zwischen den Staaten erreicht wird. Denn es kann nicht sein, daß die Industrie-nationen ihre Erzeugnisse in großen Mengen teuer verkaufen, die Entwicklungsländer aber auf ihren Produkten sitzen lassen oder diese zu Spottpreisen erwerben.“

    "Du willst tatsächlich den alten ehrwürdigen Kapitalismus durch eine neue Wirtschaftsform ablösen?," fragte Annegret nach. Ich: "Alt mag er sein, aber nicht ehrwürdig! Laß es mich so sagen: Es macht keinen Sinn, ein zu Tode gerittenes Pferd noch einmal auf die Füße zu stellen."

    zum Seitenanfang


Datum letzter Änderung: 11.02.2008