Adolf Tscherner

Poesie - Die Gedichte

Inhalt

  1. Der Hengst
  2. Das Telefon
  3. Der Genius
  4. An meine Lehrerin
  5. Die Raupe
  6. Der Reimer
  7. Gevatter Stahlgebiß
  8. Feenwunsch
  9. Donar
  10. Menschheit, wehe!
  11. Anruf
  12. An meinen verlorenen Freund
  13. Der Adler
  14. Der Aufstand des Sisyphus
  15. Der Deutschen Schuld
  16. Südamerika
  17. Die Wolken
  18. La Paloma blanca
  19. Der Wandel der Zeiten
  20. Laßt uns das Glas erheben

  1. Der Hengst
  2. Es sprang ein Hengst auf der Weide,
    sein Schatten war so schwarz und kalt.
    Ein Führer war er der Herde.
    Und wenn sein Schlag am Boden hallt',
    dann schmückten sie seine Fährte,
    und folgten seinem Feuerschein.

    Und jagte er in dem Dunkel der Nacht,
    da stoben seine Hufen.
    Ein Funken war es, ein berstender Blitz,
    ein Drängen, Wachsen, Rufen:
    So nimm uns hin in die brennende Fahrt
    zu dienen dir allein!

    Er nahm sie alle und zog in dem Strom
    als Welle hart voran.
    Er warf die Netze.
    Gefangen entschleppt er Zug um Zug.
    Den Bann
    bricht keiner. Seht dort die Klippen.
    Drauf zu nur, drauf zu,
    in wildem Trab!

    Zurück! -
    Drauf zu nur in fegender Fahrt zum Abgrund!
    Bäumt euch auf,
    und steigt in wiegenden Fesseln empor -
    das hindert nicht den Lauf.
    Wir werden fallen -
    drauf zu! -
    in den grausen Schlund,
    mit ihm ins Grab.

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  3. Das Telefon
  4. Ich fand ein Telefon am Wege.
    Ich hob es auf und nahm es fort.
    Es sprach dereinst die schönste Rede,
    nun gibt es kein Wort.

    Ich fand ein Telefon verloren,
    ich hob es auf, Krieg stand im Land.
    Dem Hörer nahmen fort die Toren
    das Schicksalsband.

    Das Schicksal wollte mir nicht munden.
    Ich war ein Kind und kannte nur das Spiel.
    Ich mußte in den wenigen Stunden
    das Kind vergessen und lernen viel.

    Ich sang ein Lied, es war nicht lieblich,
    ich sang es in das Telefon hinein.
    Brand war um mich und Tote, gar nicht friedlich,
    und ich war mit der Mutter allein.

    Wir gingen über öde Flächen,
    fast lag ich selber in dem Grab.
    Ich konnte nicht von meinem Vater sprechen,
    der mich mit seinem Lied umgab.

    Ich fand ein Telefon am Wege.
    Jetzt klingt nur noch ein Lied darin.
    Es spricht wohl nimmermehr die Rede.
    Im Jenseits liegt der Sinn.

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  5. Der Genius
  6. Ein Genius auf der Schaukel,
    auf der goldenen Schaukel saß,
    über ihm Wolken und Winde,
    unter ihm dunkles Gras.

    Er pendelte auf und nieder,
    wie eine Schwalbe im Flug,
    bewegte sich, streckte die Glieder,
    und war sich selber genug.

    Er sann wohl eine Weile,
    lachte dann hell für sich.
    Der Wind ohn' alle Eile
    fächelte ihm und strich

    sanft über seine Wangen,
    über die Lippen voll Glut.
    Da war's, als küßt' ihn Verlangen,
    ins Schäumen geriet sein Blut.

    Er gab der goldenen Schaukel
    einen übermächtigen Stoß.
    Nun fliegt er kopfheister, kopfüber,
    nun sind die Gewalten los!

    Der Genius auf der Schaukel
    hat eine Fackel entfacht.
    Jetzt tobt er wie Donnergrollen,
    zwingt Welten in seine Macht.

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  7. An meine Lehrerin
  8. Vom Damals,
    als ich noch nicht wußte mich zu wenden wohin
    dringt leise, kaum vernehmbar,
    doch unabweisbar klar
    der Anruf beseelten Sinnes mir ins Ohr,
    Aufbruch zu neuem Zweck und Ziel.

    Die Fackel,
    in jenen Augenblicken von Ihnen entzündet,
    lodert noch heute,
    gebend Begleitung und Geleit,
    Anhalt und Zuversicht.
    Denn Leben ist ungeheures Bemüh'n,
    Stoß und Flug in die Weite,
    hier tut Hilfe not.

    Wie eine Feder
    schwebt das Glück jener Tage vor meinem Auge,
    glitzernde Flut der Dichtung,
    die ich durch Sie erkannt,
    hüllt mich ein.

    Bis zu den Träumen hinab geleitet sie mich,
    zeigend den Riß im Sein,
    den ich tastend durchdrang
    suchend fern verloren.

    Am Abgrund entlang stieg ich,
    denn jede Wahrheit führt zur äußersten Gefahr,
    die Frage, die Wahrheit sucht
    hatte mich gepackt auf immer,
    schüttelte mein Selbst.

    Als ich mich entfernte vom Einst Stück um Stück
    blieb jene Frage unzerstört
    und jene Antwort, die keine war.
    Die Zeit, und damit die Antwort
    ist begriffen im Wandel:
    was früher galt, gilt heute nicht mehr!

    Zwar leuchten aus dem Geist
    ferner Jahrhunderte her
    Gedanken geistessprühend auf,
    sie scheinen neu und unverbraucht,
    sind doch nur Reste golden-glückhafter Läufte,
    die vielleicht Künftiges künden.

    Wir Zwischengeborene sind schlimm daran,
    wir haben die Sicherheit nicht mehr
    früherer Geschlechter,
    wir kennen die Möglichkeit nicht
    kommender Generationen.
    Die Reise ins Selbst
    steht der Menschheit noch bevor;
    Richtungen sind unbekannt, Wege unbeschritten.

    Eine böse Macht verlangt,
    daß Neues nur aus Kampf und Untergang entsteht.
    Hart stößt das Rad des Geschehens
    in die Masse hinein,
    drückt sie in den Grund.

    In rasendem Aufschwung steigt die Zeit hinan,
    ohne Rücksicht bricht sie sich ihre Bahn.

    Nun, da die Masse gehetzt,
    gequält,
    gepeinigt,
    gepeitscht ist in sinnlose Enge,
    dreht sie sich um voll Wut und Raserei,
    bricht und zerstört was einst Gesetz und Ordnung,
    pocht brutal auf ihr Recht.

    Wehe, wehe dem Individuum!

    Wo die Macht der Großen nicht hingelangt
    füllt die Gewalt der Masse die Lücke aus.

    Wenn ich Sie,
    Ihren Geist, Ihre Beseeltheit, Ihre Menschlichkeit
    versuche in mir zu beleben
    fließt alles sternförmig in einem Punkt zusammen
    zur Getrenntheit, Vereinzeltheit, Individualität!

    Es geht nichts über dies,
    daß das Selbst zu sich selbst kommt,
    und nicht wie die Masse fordert
    und nicht wie der Mächtige es befiehlt
    sich wenden, gängeln, unterjochen läßt
    sinnlos dem Augenblick verhaftet.

    So haben Sie ein Vorbild aufgetan,
    dessen Verwirklichung neue Wege zu gehen fordert,
    dessen Anspruch über alle Zeiten bleibt.

    Es gilt nun Dank zu sagen Ihnen, die Sie uns
    behutsam führten, lächelnd uns entließen.
    Bei allen war ein drängendes Bemüh'n,
    und allen stand ein wenig Zärtlichkeit
    für Sie im Antlitz
    - zauberhaft verborgen.

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  9. Die Raupe
  10. Einstmals war ich Dichter. Band Worte
    zu Blumensträußen der Sprache aneinander,
    zu Buketten, duftend, geheimnisvoll, verlockend,
    eine stetige Melodie, die sprudelte,
    ein Lied der Tiefe tiefsten Sees entsprungen.

    Ob Glück, ob Nichtglück, es war mein alles,
    es war mein schillerndes, insichgekehrtes Leben.
    Wo ich stand, wo ich ging fiel ein Reim mir zu,
    blühte Dichtung himmelhoch.

    Heute nun da ich, der Materie folgend,
    Stein wie auf Stein
    Gedanken auf Gedanken schichte,
    Wille an Wille kette, Ziel auf Ziele folgen lasse,
    ist's grau geworden in meiner Seele.

    Meiner Verse Höhenflug will nicht mehr gelingen,
    meiner Lieder Zauberspiel will sich nicht öffnen.

    Wenn die Rosen duften, duften sie nur für sich,
    mein Mund ist stumm,
    kann ihre Schönheit nicht schildern.
    Sie hängen dort, Girlanden gleich, im frühen Lichte,
    lassen, langsam welkend, Blütenblätter,
    die wie verirrte Falter taumeln, abwärts schweben.

    Wo ich geh, wo ich steh
    schwebt heut noch einmal Dichterglück um mich,
    stimmt meine Seele ruhevoll.
    Dennoch ist es vertan.

    Der Falter hat sich zur Raupe rückverwandelt.

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  11. Wer ist noch Reimer
  12. Wer ist noch Reimer, wer noch Dichter,
    wer ist noch Künder, tut noch kund.
    Wen noch erschrecken tief Gesichter,
    die auferstehn in grauer Stund.

    Den Steinen gleich rollt sich rund am Strande
    die Vielheit, die sich ringsum bewegt,
    wird umgewirbelt gleich dem Sande,
    den heißer Sturm zum Meere trägt.

    Wohl glühen weithin Sonnenbänder
    und locken den, der flieht hinaus,
    treiben ihn hin durch tausend Länder,
    täuschen ihn gar noch mit Applaus.

    Wer ist da standhaft, bleibt bescheiden?
    Wen läßt die große Nacht noch frei?
    Wer bleibt noch auserwählt im Leiden,
    wenn einst der tolle Tanz vorbei?

    Der Reimer starb und auch der Dichter.
    Der Künder tut nun nichts mehr kund.
    Doch schrecken immer noch Gesichter,
    die auferstehn aus grauer Stund.

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  13. Gevatter Stahlgebiß
  14. Gevatter Stahlgebiß
    Gevatter Stahlgebiß,
    beiß in den Apfel Welt.
    Beiß und zerbeiß,
    daß die Schale hart,
    verkrustet, altfleckig und matt
    aufplatzt wie eiternde Beule,
    gelbrinnt wie fauliger Eier Schwefel.

    Denn wenn die Welt
    so in ihrer bizarren Form
    ausharrt ungebissen, unverletzt,
    nur so weiter dahinvegetiert
    in ihrer ohnmachtsartigen Perversion,
    dann, ich sage es, dann
    gebe ich kein Quentchen mehr
    für ihren zuckenden Schlangenleib,
    für ihren hirnschwer flimmernden Drachenkopf.

    Seit Liebe und Mitgefühl
    verloren war im Handkampf
    alltäglicher Begierde,
    im Maschinenverschleißprozeß
    zerrieben wurde und dann
    als nutzlos abgestempelt,
    als sinnlos abqualifiziert,
    als unauffindbar
    ganz dem Bewußtsein entschwand
    ist alles Handeln gleich:
    Eine zirkulare Variation,
    ein Schmerz gebärendes Perpetuum.

    Mit dem Zerbiß der Macht
    müßte nun, so denk ich,
    der Zustand
    umgestülpt,
    umgekrempelt,
    umgepolt werden, so daß
    aus dem zernagten Fruchtfleisch
    schwarzglänzend die Kerne befreit
    einsähbar werden für künftige Zeit,
    ausgespien wie
    ausgeschlagener Zähne Elfenbein
    des beißwütigen Gevatters Stahlgebiß.

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  15. Feenwunsch
  16. Kam eine Fee zu mir im Traum,
    gab einen Wunsch mir frei.
    Ohne zu zögern nannt ich ihn:
    Auf silbernem Tablett liefere sie mir
    wie Herodes einst seiner Tochter Salome
    die zehn mächtigsten Häupter dieser Welt,
    täglich immer neu
    abgetrennt vom Rumpf,
    blutig,
    wie jene blutige Saat,
    die jene Köpfe einst gezeugt.

    Als ich erwachte wußte ich,
    daß jener Wunsch nichts galt,
    nichts gelten darf,
    daß das nur einzig Mögliche
    in dieser Welt sein kann,
    die Macht der Mächtigen so zu beschneiden,
    daß sie des Machtmißbrauchs gemeinen Weg
    nicht gehen können.

    Dafür laßt uns kämpfen!

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  17. Donar
  18. Rolle, grolle Donnergott der Lüfte,
    alter Gewitterhengst,
    geht´s dir an den Kragen?
    Wir werden auch einmal alt,
    aber so alt wie du werden wir nie.
    Denn dein Alter ist das
    der zahnlosen Greise,
    der sich verschluckenden,
    sich selbst bespeienden,
    im ewigen Wechsel.

    Gewittergott, dräuender,
    dein germanisches Blut,
    diese tomatengepreßte Tinte,
    hat schon Haufen von filmverführten
    Komparsengesichtern verschmiert.
    Nun ist es soweit.
    Deine Götterdämmerung regnet
    auf Helden und Walküren herab.
    Walhallas Mauern zerbröckeln.

    Sturm fetzt Lebensäpfel fort.
    Grau und schrumpelig geworden
    hocken die Helden einer neben dem andern
    zwergengleich, auf dem schmierigen Boden,
    und ihre Greisengesichter
    flehen nach letztem Leben.
    Aber gerade das können wir ihnen nicht geben,
    gerade das steht unserer Absicht im Wege.

    Mit der Donnerei muß endlich einmal
    Schluß gemacht sein,
    und wenn Rowdies wie Odin und Thor
    dabei in die ewigen Jagdgründe wechseln
    ist das nur recht und gerecht.
    Um es auch klar zu sagen:

    Wir haben es satt, noch weiter
    - Gewitterdonner,
    - Kanonendonner,
    - Kriegsdonner
    über uns und auf uns
    herniederprasseln zu lassen.

    Wenn nicht anders zu schaffen
    leben wir eben
    auf Germaniens Erde
    ohne Germaniens Götter
    friedlich, götterungleich, götterungemäß
    bis ans Ende unserer Tage,
    denn wir wissen:
    alles was von den hohen,
    mächtigen Herren kommt ist böse,
    kann in künftiger Zeit nicht bestehen.

    Fort also sage ich dann mit den alten Göttern!

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  19. Menschheit, wehe!
  20. Menschheit, wehe!
    Menschheit, Menschheit, wehe, wehe,
    wenn ich auf das Ende sehe.
    Weh, das Unglück bricht herab.
    Ja, das Ende naht mit Eile,
    daß es löse, daß es heile.
    Menschheit, gräbst an deinem Grab.

    Bös hast du's noch stets getrieben,
    Schlachten schlugst du, statt zu lieben,
    Freiheit schien dein höchstes Glück.
    Doch die Freiheit ohne Schranken
    bringt das Erdenrund zum wanken,
    und du fällst ins Joch zurück.

    Welche Macht hält dich gefangen,
    daß du zitterst im Verlangen
    der Begierde, dem Genuß?
    Kannst du keinen Sinn mehr gründen,
    muß dein Tun ins Chaos münden,
    hin bis hin zum Weltenschluß.

    Sterbenskrank der Wald sich neiget,
    in den Flüssen Gift sich zeiget,
    das Atom bedroht das Land.
    Sucht und Seuche sich erheben,
    Massenwahn greift nach dem Leben,
    spült hinweg des Wohlstands Tand.

    Tiefer, tiefer wirst du fallen,
    bald wird Mangel sein an allem,
    das Verhängnis schüttelt dich.
    Deine aufgehäuften Sünden,
    die in Selbstzerstörung münden
    schlagen rückwärts - fürchterlich!

    Wütet Wahnsinn in den Landen,
    geht was teuer war zu schanden,
    fragst du endlich nach dem Sinn.
    Aus dem Wüten, Weltenwanken
    fließt in drängenden Gedanken,
    Menschheit, vielleicht ein Neubeginn.

    Dringt vielleicht aus jenem Grunde
    deines Herzens off'ner Wunde
    heimlich Hoffnung, Widerstand,
    daß die Liebe neu sich zeige,
    Gott sich neuer Einsicht neige,
    zeugt ein neues Himmelsband?

    Menschheit, Menschheit, weh, ach wehe,
    wenn ich auf das alles sehe,
    geht mein Ruf: halt ein, halt ein!
    Ende in dir, was dich knechtet,
    was dich zwingt,was dich entrechtet.
    Ach, versuch dich zu befreih´n!

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  21. Anruf
  22. Welch ein Ereignis, höret Völkerscharen!
    Einst war es einfach Kriege zu gewinnen,
    auf's Gut des Nachbarn und sein Land zu sinnen,
    die nur zu Raub und Brand geschaffen waren.
    Nun, wo die Macht und boshaftes Besinnen
    so übermächtig sind, maßüberschreitend,
    strebt jeder Krieg, auf's Erdenrund sich weitend
    zu Chaos hin - es gibt nichts zu gewinnen.

    Trotzdem sind Bosheit,
    Kriegs- und Nichtkriegsgreuel.
    Die Menschen führen Hader voller Tücke.
    Man schlägt sich gegenseitig fast in Stücke,
    verstrickt in Wut und Haß und Kampfesknäuel.
    Doch das Atom, entfesselt seiner Bande,
    schlägt Freund und Feind,
    strahlt und zerstrahlt voll Tücke,
    schafft schwarze Finsternis aus einst'gem Glücke,
    macht Gleiche aus den Feinden rings im Lande.

    Und nicht nur das Atom - Natur und Leben
    sind aufgestanden gegen Menschheitsgieren.
    Die Selbstsucht wird nun gerade das verlieren,
    was sie bezweckte so in ihrem Streben.

    Das Wasser fault, das Erdreich liegt geschunden,
    die Sonne droht uns alle zu versengen.
    Seuchen entstehn, die nicht mehr zu verdrängen.
    Brandrodung schlägt dem Urwald tausend Wunden.

    Wohin wird alles führen - Schwestern, Brüder,
    besinnt euch eures Tuns, eh alles endet,
    daß ihr im letzten Augenblick noch wendet,
    was einmal tot, nie zu erlangen wieder
    Bedenket euer Tun, bedenkt und handelt!
    Noch ist die Zeit, noch läßt sich alles wenden,
    ehe hier Denken, Leben, Lieben enden.
    Noch ist die Zeit, daß sich das Wollen wandelt.

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  23. An meinen verlorenen Freund
  24. Mein Freund, Du bist mir verloren,
    ein böser Zwiespalt nahm Dich gefangen.
    Wie glaubst Du die Welt von außen
    mit Kräften des Bösen bessern zu können?

    Die Teilung der Welt in Christ und Antichrist
    ist verderblich, macht uns zu Antichristen selbst.
    Denn das Antichristsein ist nicht
    Böses wollen von Anbeginn an,
    sondern Befangenheit der Gedanken für eine Zeit.

    Wer die Kräfte fordert über das Maß,
    verliert die Übersicht und das Ziel,
    er büßt Menschlichkeit ein,
    kann nicht mehr Recht und Unrecht unterscheiden.

    Scheinerfolge winken, äffen den Winkelzügler.
    Die Seele, aufgebläht von Kraft,
    sucht, sich bestätigend,
    nach Unholden und Verderbern.
    Sie findet nur Sünder,
    ohne sie als Brüder zu erkennen.

    Was wirken an ihnen machtvolle Taten?
    Bringen sie Umkehr, Besserung, Erleuchtung?
    Wer Vergeistigung erzwingen will in fremdem Sein,
    stößt sich am innersten Gesetz der Welt,
    macht sich mit den Gedanken jener gemein.

    Wie Du auch immer Dich drehst,
    mein armer, mein verlorener Freund,
    die Welt kommt ohne Dein Zutun
    in Gottes Weise zurecht.

    Denn ihm allein steht zu, zu lösen und zu binden.
    Er allein hat die Kraft,
    Mächte gemäß ihrem Auftrag
    wandeln und walten zu lassen.

    Aller Zwist und Übergriff der Welt
    sind im göttlichen Plan
    schon für länger voraus bestimmt.
    Wozu sich nützlich machen dafür in falscher Art,
    Unrecht tilgen zu wollen mit Gedankenkraft.

    Ein Staubkorn,
    das die Sonne in ihrem Lauf verändern will,
    anstatt, sich umgestaltend,
    dem Lauf der Sonne zu folgen.

    Wehe, wehe Freund -
    siehst Du die Nacht nicht um Dich her?
    Wer der Nachtigallen Klang im Herzen einst gebar,
    verfehlt sein Sein,
    wenn er ihr Lied nicht mehr zu singen weiß.

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  25. Der Adler
  26. Wenn der Adler droben seine Schwingen,
    seine Schwingen voller Macht entfaltet,
    blitzt ein Stern auf, glüht und blüht und funkelt,
    rauscht ein Wind der alles umgestaltet.

    Nieder bricht das Dunkel alter Tage.
    Ist es Dummheit oder stumpfes Dämmern,
    wenn die Gestrigen ihre Parolen
    uns in Herzen, Hirn, Gedanken hämmern.

    Neues bricht sich Bahn, frei aller Grenzen
    zieht der Adler aufwärts, sturmgetrieben.
    Ach, vergiß nicht Herz in dieser großen Stunde
    all die Erdgefesselten zu lieben!

    Denn der Adler wohl zieht seine Kreise
    hoch hinan, stets Neues zu entdecken,
    doch die drunten im Gewühl sich jagen
    gilt's aus tiefer Ohnmacht aufzuwecken.

    Schwer gekettet, eingegrenzt in Enge
    tappen sie dahin in Kampf und Grausen.
    Was hilft Adlerblick und Adlers Schwingen
    jenen, mag er stürmen, stützen, sausen.

    Menschen ohne Stern, ohn' alles Hoffen!
    Adlers Flug kann hier den Weg nicht weisen.
    Denken nicht, die Liebe schmilzt die Herzen,
    Liebe wandelt Denker um zu Weisen.

    Fliegt der Adler auf in ferne Welten,
    muß er zügeln sich, sanftäugig blicken,
    soll ein Stern der Menschheit sich entzünden,
    Weg zu weisen dunkelen Geschicken.

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  27. Der Aufstand des Sisyphus
  28. Auf jene Höhe, schwarzdrohend und schroff
    roll ich den Stein hinan, unermüdlich.
    Placke mich, wüte, kämpfe mich vorwärts.
    Anstrengung läßt meine Adern quellen.
    Sturm umheult mich, Zweifel umgeistern mich.

    Kreischt mir der Götter Haßgesang in den Ohren:
    Du Narr, müh dich nur immer fort,
    fast oben angelangt wird dir der Stein entgleiten.
    Mit Urgewalt bewegt rast er die Strecke hinab,
    sinnlos die Arbeit und alle Mühe vergeudend!

    Oh ihr blindwütigen Götter, die ihr
    die euch übertragene Macht
    zu reiner Bosheit mißbraucht,
    welch unsinnig Schicksal hat euch
    über mich gesetzt,
    daß ihr Macht über mich und uns
    ausübt über die Maßen.

    Wie ich den Stein zum zigtausendsten Male bewege
    hügelhinan gezwungen
    und sinnlos dem Zwang verhaftet,
    der blinden Macht der Materie
    die wilde Kraft des Geistes entgegensetzend,
    die morsche Kraft der Götter
    damit zu brechen suche,
    spür´ ich, daß eine neue Zeit,
    ein neues Gesetz dem Universum bestimmt ist.

    Die Götter, die mich
    aus eigener Überheblichkeit Macht verdammten,
    Dinge mir angedichtet, die nie ich getan,
    sie selbst geraten plötzlich in Bedrängnis.
    Und ich im Bewußtsein
    der neuen Bewußtseinswerdung,
    stehe auf vom gebückten Gang,
    laß die Kugel hinrollen wohin sie will.
    Atme das erste Mal frei, bin frei,
    verweig´re mich ihnen.

    Keine Kugel rollt mehr hinan -
    schon rasen die Götter,
    grenzenlos scheint ihre Wut, maßlos ihr Anspruch!
    Von meinem Beispiele angesteckt,
    die Augen erhebend,
    hält auch Tantalos inne
    und alle die anderen Schatten.

    Ein Aufschrei durchtoset den Platz,
    dann fallen die Fesseln.
    Götter winseln zu Hauf, erflehen unser Erbarmen.
    Ihr Jammergeheul
    läßt die letzten Gefangenen der Götter
    den Schluchten entsteigen.

    Nun ist kein Haß mehr.

    Die Götter sind eingereiht in die Kette der Geister.
    Mühen sich Schwärze und Bosheit
    aus ihren Herzen fortzuwaschen
    wie auch die andern.
    So ist endlich der rollende Felsblock
    einstmals sinnlos scheinend
    Symbol der Weltenheilung geworden!

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  29. Der Deutschen Schuld
  30. Weil ich ein Deutscher bin, so bin ich schuldig.
    Weil ein Herr Hitler, hinter Volkes Rücken,
    die Juden hat vergast, weil seine Schergen
    sich keiner Menschlichkeit mehr rühmen durften,
    so ist fortan dem ganzen deutschen Volke
    für alle Zeit Menschlichkeit abzusprechen.

    Weil ich ein Deutscher bin, so bin ich auch
    schuld an den Missetaten ringsumher,
    an Nagasaki und Hiroshima,
    am Kampf um Vietnam, am Algerienkrieg,
    am langen Marsch, an Stalins Blutgemetzel,
    am Völkermord an Indios durch die Weißen.

    Als Bombenhagel auf die deutschen Städte
    herniederfielen war´s nur recht und billig,
    auch wenn so viele Menschen, Zivilisten
    im Feuerhagel starben. Denn die Deutschen
    sind auch als Opfer schuldig nur ausschließlich.

    So sind wir rings vom Strahlenglanz umgeben
    und blicken neidvoll auf die hehren Völker,
    die gänzlich rein und unbefleckt von Schuld sind.
    Denn selbst wenn ich kein Fliegentier könnt töten,
    so bleibt doch der Verdacht, es könnt geschehen.

    Und selbst wo der Verdacht sich muß verflücht´gen,
    ist unser Schuldgefühl nicht zu entbehren.
    Das Geld der Deutschen finanziert die Kriege,
    die jener Schandstaat gegen Völker inszeniert,
    die unbotmäßig sind und sich nicht ducken.
    So sind die Deutschen ungewollt schon wieder
    Urheber aller Untat, schuldanhäufend.

    So fügt sich Schuld an Schuld als stete Kette,
    das ist das Kapital der reinen Völker.
    Damit läßt blutvoll jeder Zwist sich schlichten
    der rechtens ist. Recht ist das Recht der Sieger.
    Wie schön, wie schön, daß es den Hitler gab,
    die Deutschen all in Schuld und Schimpf zu fangen.
    Was sind dagegen die Millionen Toten,
    die die Erzeugung solch schlechten Gewissens
    gefordert hat - Deutschland hat´s zu begleichen.

    Aus dem Geschehen selbst etwas zu lernen,
    wär zu absurd - wozu - hier ist doch nicht
    Moral und Menschlichkeit gefragt,
    es geht um Sühne.
    Um die Vergeltung geht es, Haß und Rache.
    Denn nur auf knochenharter Machtentfaltung
    läßt weiteres Bestehn von Macht sich gründen.

    So steh ich da, als Deutscher, kann nicht anders,
    Gott helfe mir und meinem Volke - amen!
    Was wirklich alle Völker ringsum schmerzt,
    ist nicht ein Völkermord an Juden, denn dies hat
    man selbst in vollstem Maße ausprobiert.
    Es ist, weil Deutschland eine Welt zerbrach,
    die nie mehr wiederkehrt, sie ist verloren,
    auch wenn nach außen nichts geändert scheint,
    das Maß des unrechten Erwerbs noch wächst.

    All jene Güter unterjochter Völker,
    die frank und frei dem Kapital zuflossen,
    werden hinschwinden, wie dereinst in Kölle
    die Heizelmännchen schwanden. Was ist nun?
    Die Weißen müssen alles selber tun!
    So ist der unterdrückten Völker Aufstand
    die Schuld der Deutschen
    und durch nichts zu tilgen!

    Ich bin ein Deutscher und bin stolz darauf!

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  31. Südamerika
  32. Südamerika, zauberhafter Kontinent!
    Deine Blumen, deine Landschaft, deine Menschen
    haben mein Herz schon immer entzückt.
    Wärest du in Gefahr, ich gäbe
    freudigen Sinnes mein Blut für deinen Erhalt.

    Die Welt wird einst gesunden
    durch deiner Heroen feurige Kraft!
    Bis dahin gedulde dich, übe Nachsicht,
    du von den Fremden so schwer geschundenes Land.

    Meine Tränen begleiten deinen Weg.
    Doch aus der Hölle Seelenpein
    wirst du einst ersteh´n strahlend und siegesvoll.
    Deiner Stimme Zauberklang ruft uns zu
    Mensch zu werden ganz und gar.

    Deiner Flüsse Amazonas, Bio-Bio, Rio Plata
    wundersame ungeheure Kraft
    schwemmt die Herzen frei, öffnet sie, löst sie
    für den Wind des göttlichen Atems,
    so auch für mich.

    Denn ich liebe jedes der Länder des Kontinents,
    jedes in seiner wundervollen Eigenart.
    Ich bin auf immer dein Freund
    herrliches Südamerika.

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  33. Die Wolken
  34. Die Wolken, die Wolken sie jagen vorüber,
    der Sturm peitscht sie vorwärts, dahin wie im Fieber.
    Sie ballen sich aufwärts, sie türmen sich, drohen
    in Schlünden und Tiefen. Sie zucken und lohen.

    Sie sind wie die Masse, umwälzend, behende,
    von Mündern ertönend und flatternd wie Hände.
    Es ist wie ein Zug, ohne Rast, ohne Halten,
    wie Unwettertosen, wie Feuers Gewalten.

    Die Massen sie rasen, sie geifern voll Tücke,
    nur vorwärts der Ruf hallt, schlägt alles in Stücke.
    So kommt jene Wende der Zeiten hernieder,
    rennt ohne zu denken, verrenkend die Glieder

    in sinnloser Weise. Es dampft die Gemeinheit.
    Der Dummheit verbunden die Bosheit zur Einheit.
    Es fluten die Massen das Alte zu retten,
    an Wahnsinn und Alptraum sich weiter zu ketten.

    Wie flatternde ziellose Wolken sie rennen,
    verweigernd das eigene Ziel zu erkennen.
    Sie sind nicht mehr Herr ihrer eigenen Sinne,
    auf daß das Verbrechen von neuem beginne.

    Oh Wolken, oh Wolken, was jagt ihr behende,
    im Rasen verkündend den Anfang vom Ende.
    das Ende des Schreckens, den Schlußpunkt hienieden,
    in Kampf und Inferno, ohn Mitleid und Frieden.

    Oh Wolken, ihr Wolken, ihr raset voll Grauen,
    ihr werdet getragen von Laschen und Lauen.
    Ein jeder umsorgt nur sein kleinliches Glück,
    und das hält das Rasen wohl niemals zurück.

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  35. La Paloma blanca
  36. Hast du die weiße Taube gesehn? -
    - Eine weiße Taube?
    Ja, die weiße Taube.
    - Hab ich nicht gesehn!

    Pfui über dich, pfui mit dir über die Welt.
    Da fliegt einmal in tausend Jahren
    eine blütenweiße, schneeige Taube vorbei,
    eine von den unschuldsreinen, von denen
    Dichter, Liedermacher, Politagitatoren,
    Regierungsvertreter aller Länder und Kontinente
    in hellstem Entzücken massenmäßig berichten,
    ihre Friedenssymbolik breittretend,
    ihre Unbeflecktheit ausmalend,
    welche sie leuchten lassen gleich der
    Mariae Empfängnis, in unschuldvollsten Farben.
    Und du döst dahin,
    wie ein im Plenum eingeschlafner Minister.

    Vielleicht, daß ein unscheinbarer Fleck,
    eine nichtige, winzige Unregelmäßigkeit
    die Zier ihrer Flügel verdarb.
    Wer soll nun Antwort stehn,
    wer das Unfaßliche beweisen.
    Ein ganzer Weltschmerz kommt auf mich herab.
    Oh, oh, oh, oh!
    Welch eine kummervolle Angelegenheit.

    Aber lassen wir uns die Sache nicht verderben.
    Es muß einfach eine weiße Taube gewesen sein.
    Jeder andere Gedanke ist Frevel,
    ist dem inneren Zwang des Geschehens fremd.
    Und siehe da, wir erschauen es erschaudernd:
    Ein unheimliches ungeheuerliches Friedenssymbol,
    werden weiße, lupenreine Tauben,
    wie auffliegende Gedanken,
    in den hehren hellen Himmel entsandt.
    Das sind Glücksgefühle,
    da wallt des Menschen Herz auf in seliger Brust.

    Selbst wenn man weiß, daß bei Tauben,
    eingesperrt auf kleinstem Raum,
    die stärkere die schwache systematisch zerfleischt.
    Die weiße Taube tötet ihre unweiße Schwester.
    Friede sei mit ihr, es mag so geschehn!
    Denn die weiße Taube,
    handelnd gemäß ihren ihr eingepflanzten Zwecken,
    ist des Unrechts nicht fähig,
    da des Rechts nicht bewußt.

    Dagegen die weiße Rasse,
    allen voran mit göttlicher Weisheit gesegnet,
    rechtend und richtend zugleich,
    richtet diese sich selbst?
    Wer den göttlichen Auftrag besitzt,
    verfügbar zu machen sich
    Erde, Tierreich und Menschheit,
    Frieden zu stiften so,
    wie es das Aufbegehren jener verlangt,
    Unrecht bekämpfend mit eiserner Faust,
    bis alles Unrecht getilgt ist,
    dem ist von vorneherein alles verziehn,
    was auszusetzen an solcher Tat.

    Aus dem Herzen der weißen Rasse,
    fliegt dann eine weiße Friedenstaube auf.
    Sahst du sie vielleicht? Sag es mir.

    - Nein, ich habe sie nicht gesehn!

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  37. Der Wandel der Zeiten
  38. In meiner Kindheit haben wir
    Kinderlieder gesungen
    haben mit Teddybären gespielt,
    sind in Keller gestiegen
    vor den amerikanischen Flugzeugen,
    die Bomben auf uns regnen ließen,
    daß wir danach durch Straßen laufen mußten,
    die in Flammen standen.
    Ein Funkenregen kam von den Dächern heran,
    Rauch machte das Atmen schwer,
    Angst ließ die Seele matt erzittern.

    Dann der Zusammenbruch
    mit Toten an allen Ecken,
    holländischer Waffen-SS,
    Flintenweibern und Stalinorgel.
    Als das überstanden war,
    der Hunger und die Hamsterfahrten.

    In meiner Jugend haben wir
    Wanderlieder und Volkslieder gesungen,
    haben Klavier geübt,
    uns die alten Meister damit erschlossen,
    daneben natürlich auch
    den unvermeidlichen Jazz genossen,
    sind aber nur einmal in Ekstase geraten,
    diese dabei als menschenunwürdig erkannt,
    als geistzerstörend, bewußtseinsverletzend,
    auf der Droge der Massenhysterie beruhend,
    eher dem Affen- als dem Menschentum
    entspringend von uns gebannt.

    Dann gingen die Jahre, die Jahrzehnte vorüber,
    mit Hausbau und Geldverdienenmüssen,
    dabei ein wenig den Anschluß verlierend
    an die allgemeine kulturpolitische Entwicklung.
    Als ich dann aus dieser Lebenshetze erwachte
    sah ich: eine neue Zeit war gekommen,
    auf leisen Sohlen heimtückisch herbeigeschlichen,
    nun aber sich breitmachend in absurdgrotesker Weise.

    Zwar fuhr Amerika noch immer fort,
    Kinder, Mütter, Greise
    unbotmäßiger Völker zu morden,
    das war aber auch alles,
    was uns von früher übrig geblieben,
    daran war nichts Aufsehenerregendes,
    daran hatte man sich gewöhnt,
    das war gewissermaßen routinemäßige Normalität!

    Etwas anderes war gescheh´n:
    Tecno-Musik hatte die Discostätten erobert,
    Tecno als hirnlos stereotyper Sprechgesang,
    unterstützt mit Extasy-Pillen,
    um die eigene getanzte Einsamkeit
    die Nächte hindurch durchhalten zu können.
    Selbst Jazz erschien nun im Nachhinein,
    geradezu in Glorienschein gehüllt -
    schöne gute alte Jazz-Zeit!

    Eine verlorene Generation war geboren,
    die alle überkommenen Güter
    verachtet, vergißt, geringschätzt,
    den Amerikanismus anbetet und nicht begreift,
    daß dieser nur ihr Verderben betreibt,
    es nur darauf abgesehen hat,
    die Menschheit verdummend,
    auf sein schwachsinnsniedriges Niveau
    hinabzudrücken.

    So sieht man heute: Alles Wertvolle schwindet,
    als hätte Shiwá, der zerstörende Tänzer,
    das Zepter über Welt und Menschheit ergriffen,
    Platz zu schaffen für ganz andere Ideen
    und Gefühle neuer kommender Zeit,
    das Alte dabei in rigoroser Weise vertreibend.

    So zerbrechen Kultur
    und schließlich auch Wohlstand.
    die Sprache pervertiert
    zum Medium reinen Zweckes,
    überwuchert von fremd-anglistischen Idiomen.

    Doch wer die Quellen eigener Existenz mißachtet,
    wird wohl schwerlich
    die aufgehäuften Güter bewahren.
    So zerbricht eine neue Generation
    die Grundlage ihres Lebens.
    Wenn sie die Torheit endlich erkennt,
    wird es zu spät sein.
    Shiwá hat gesiegt -
    umhergestreut liegen die Trümmer.

    Das Klagen wird groß sein, die Not, das Verderben.
    So wird eine Zeit, die, sich selbst überschätzend,
    protzig auf den Schultern der Altvorderen steht,
    ohne jene zu achten, es lernen,
    daß auch geistige Wüsten schnell geschaffen,
    doch nur unter größten Mühen
    zu neuem Leben zu wecken.

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  39. Laßt uns das Glas erheben
  40. Laßt uns das Glas erheben,
    und trinken auf die Zeit
    von Lachen, Lieben, Leben,
    von Glück und auch von Leid.

    So, wie die Stunden rinnen,
    erfüllt mit tiefem Sinn,
    stets ist's ein Neubeginnen
    und dadurch erst Gewinn.

    Die Lebensbilder wandern,
    sie wechseln vor dem Blick,
    kommt eines hin zum andern -
    erneuertes Geschick.

    Wie sich die Bilder gleichen
    in langer Lebensflut,
    scheint keines je zu weichen,
    nicht vor der Hölle Glut,

    nicht vor der Eiseskälte
    von Tod und Todesnacht.
    Was sich die Seele wählte
    wird auch zu End gebracht.

    Doch davon schweig das Heute,
    heut stehe nur vor mir,
    was mich im Leben freute,
    die Zärtlichkeit und Zier.

    Nun laßt die Becher kreisen,
    die Welt sie lockt und lacht
    dem Narren und dem Weisen
    in ihrer großen Pracht.

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Datum letzter Änderung: 11.02.2008